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Myla Leguro

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Myla Leguro

Philippinen: Wie gewalttätig ausgetragene Konflikte um Land und Ressourcen in einem kreativen Prozess transformiert werden

Mediation nach dem mennonitischen Friedensforscher Jean-Paul Lederach

Zentral-Mindanao auf den Phillipen leidet unter immer wieder ausbrechender Gewalt, die nicht auf organisierte militärische Gewalt zurückzuführen ist, sondern ihre Wurzeln in konkurrierenden Ansprüchen auf Land hatte und in deren Folge es immer wieder zu einer großen Zahl von Binnenvertriebenen kam. 

Eine Studie der Weltbank im Rahmen des Global Program on Forced Displacement ergab, dass Vertreibung als strategisches Mittel eingesetzt wird, um Ansprüche auf Land und Ressourcen geltend zu machen. Auch Abholzung und Ausbeutung von Bodenschätzen hat gravierende Auswirkungen für die lokale Bevölkerung. Sie mindert die Qualität der Ökosysteme oder zerstört sie in einem Ausmaß, dass deren dauerhafte Besiedlung in Frage steht. Der Bergbau macht das Land oft unbewohnbar, weshalb die Bischöfe von Ost-Visayas schon 2010 die Verantwortlichen in der Regierung, im Privatsektor und den internationalen Konzernen aufriefen, auf die Stimme der Bevölkerung zu hören und den Bergbau zu beenden: „Bringt das schöne Land zurück, das wir eins hatten. Unterbindet den Bergbau in dieser Region.“ 

Myla Leguro, die auf ihre 30 Jahre währende Friedensarbeit mit den Catholic Relief Services (CRS)  zurückblickt, erinnert sich, dass ihre Arbeit als Friedensstifterin mit der Erkenntnis begann, dass sie sich mit Leib und Seele an dem Versuch beteiligen müsse, diese bedrohliche Situation, in die ihr Heimatland geraten war, zu ändern. Sie war überzeugt, dass die Konflikte nicht über Gerichtsverfahren zu lösen sein würden, weil aus ihnen immer ein Gewinner und ein Verlierer hervorgeht. Sie fürchtete daher, dass die Spannungen zunehmen und der gesellschaftliche Zusammenhalt weiter erodieren würde. 

In den letzten Jahrzehnten hatte sich eine Vielzahl von Konfliktlinien aufgebaut: Es gab ohnehin bereits Spannungen zwischen den lokalen religiösen Führer*innen muslimischer, christlicher und indigener Gemeinschaften. Kam ein konkreter Landkonflikt hinzu, entbrannte er häufig zwischen lokalen Regierungsbeamten und Regierungsbehörden, die für die Verwaltung von Landbesitz zuständig sind, sowie der lokalen Zivilgesellschaft, den glaubensbasierten Nichtregierungsorganisationen und lokalen Machthabenden. Dabei überschnitten sich die Ansprüche: Vor allem Indigene fürchteten um ihren angestammten Landbesitz, den sie nicht urkundlich nachweisen konnten, und der ihre Lebensgrundlage darstellt. Bei Gerichtsprozessen waren oft die Minderheiten unterlegen. Deshalb suchte Myla Leguro nach einvernehmlichen Lösungsstrategien, die die Interessen der verschiedenen Konfliktparteien miteinander würden verbinden können. 

Myla und das CRS-Team entschieden sich für eine innovative Lösung in Anlehnung an das von dem mennonitischen Friedenforscher John Paul Lederach entwickelte Konflikttransformationsparadigma, einer Form der der Mediation. Speziell für die Thematik der Landkonflikttransformation entwickelten sie einen dreistufigen Ansatz, der als die 3Bs bekannt wurde: Binding [Selbstreflektion und Heilung des Einzelnen], Bonding [die Beziehungen innerhalb der Identitätsgruppe stärken], Bridging [Wiederaufbau der Beziehungen zwischen den Identitätsgruppen]. 

Nach dem ersten Schritt der Selbstreflexion und heilenden Stärkung der Einzelnen erfolgte der gruppenübergreifende Dialog. Dabei wurden Konfliktanalysetechniken angewandt, in die alle Teilnehmenden eingebunden waren, wobei auf das Ziel einer Verhandlungslösung hingearbeitet wurde. Dafür wurde gemeinsam eine Liste praktikabler und einvernehmlicher Handlungsmöglichkeiten entwickelt, die von allen Konfliktparteien gebilligt wurden und die auch geeignet waren, die Zustimmung der Regierungsvertreter der kommunalen Ebene zu gewinnen. Dieses Beispiel zeigt, „wie ein kreativer Prozess durchgeführt werden kann, um sehr komplexe Landkonflikte zu lösen“ erläutert Myla. Es werde jetzt von der „Transitional Justice Kommission“ geprüft, um herauszufinden, ob es als Modell für die mögliche Anwendung auf größerer Ebene dienen kann. Denn dass auch die Konflikte auf überregionaler Ebene bearbeitet und gelöst werden, ist nicht nur wichtig für die jeweiligen Regionen, sondern auch für den Erfolg des nationalen Friedensprozesses zwischen der Regierung und den muslimischen Moro-Rebellen, die für einen autonomen Staat auf der Insel kämpften. 

Jamilia Rquib, die Geschäftsführerin der von René Sharp begründeten Albert Einstein Institution , vermutet ein großes Potential von Kirchengemeinden, in solchen Versöhnungsprozessen als Vermittlerinnen auftreten zu können. Den Grund dafür sieht sie darin, dass die Kirchengemeinden einerseits lokal fest verankert sind, weshalb sie ein großes persönliches Interesse an einer Lösung des Konflikts haben, und andererseits externes Wissen und eine gemeindebasierte Reflexionsstruktur einbringen.

Zum Weiterlesen

John Paul Lederach, Vom Konflikt zur Versöhnung. Kühn träumen - pragmatisch handeln, 2016. 

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