Direkt zum Inhalt

pax_zeit | 2_2021

Image
Gewaltfreiheit als Weg in die Zukunft – Den Kreislauf der Gewalt durchbrechen

Gewaltfreiheit als Weg in die Zukunft

Den Kreislauf der Gewalt durchbrechen

Daniel Holzapfel

pax christi Österreich ist, verglichen mit anderen Sektionen, eine kleine Bewegung, die nichtsdestotrotz seit geraumer Zeit besteht. Sie wurde in den 80er Jahren in Zusammenhang mit der NATO-Nachrüstungsdebatte und dem konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung aufgebaut. Auf das Ideal eines friedvollen und gerechten Zusammenlebens aller Menschen wird durch die aktive Teilnahme an der öffentlichen Willensbildung sowie die Vernetzung an der Basis hingearbeitet.

Heute sind drei regionale Landesgruppen aktiv, die regelmäßig mit Vorträgen, Mahnwachen, Gedenken und anderen Aktionen versuchen, eine breitere Öffentlichkeit für die Friedensarbeit zu sensibilisieren. Die Österreichische Bischofskonferenz stellt die Mittel zur Verfügung, um eine Stelle im Generalsekretariat zu finanzieren. Von dem in Linz, Oberösterreich, angesiedelten Büro werden vorwiegend administrative und organisatorische Aufgaben erledigt. Davon abgesehen wird die gesamte Tätigkeit von pax christi in Österreich vom Einsatz Ehrenamtlicher getragen.

Gewachsene Themenfelder

Die Schwerpunkte unserer Arbeit sind eine Mischung aus Themen, die einerseits seit langer Zeit gewachsen und damit ein Teil des Selbstverständnisses der Bewegung geworden sind und andererseits neuer Arbeitsfelder als Folge aktueller Herausforderungen. Bei den traditionellen Themen stehen hier neben dem Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit in Israel/Palästina vor allem das Gedenken an Opfer der NS-Ideologie im Mittelpunkt. Dieses Engagement, das sich auch aus der Mittäterschaft Österreichs für die NS-Verbrechen und ihrer bis heute schleppenden Aufarbeitung ergibt, zeigt sich vor allem in der seit den 80ern jährlich durchgeführten Gedenkwallfahrt zum Todestag von Franz Jägerstätter in dessen Herkunftsort St. Radegund. Den Höhepunkt stellte dabei sicherlich Jägerstätters Seligsprechung 2007 in Linz dar. Zur Teilnahme an einer weiteren Seligsprechung, jener des Südtiroler NS-Opfers Josef Mayr-Nusser, reiste 2017 eine Delegation aus Österreich nach Bozen.

Neben den Schwerpunkten bemühen wir uns auch um neue Themenfelder, damit wir als Bewegung zeitgemäß bleiben und interessant für potentielle neue Mitglieder werden können. In den letzten Jahren wurde deswegen bei den österreichweiten Versammlungen ein neues Profil mit aktuellen Themen entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei in Anlehnung an die Catholic Nonviolence Initiative von Pax Christi International ein aktives Konzept von Gewaltfreiheit. Friedliches Zusammenleben für alle soll durch aktiven Widerstand gegen ungerechte Verhältnisse, Dialog zur Lösung von Konflikten und die Überwindung von Feindesdenken ermöglicht werden.

Klimaschutz und Friedensarbeit

Für uns ist dabei auch die Verbindung von Gewaltfreiheit und Umweltschutz von entscheidender Bedeutung für die Zukunft. Mit Blick auf die Klimakrise und die dadurch weiter wachsende globale Ungerechtigkeit wird der Gewaltfreiheit eine noch zentralere Rolle bei der Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zuteilwerden. Wir bemühen uns daher, Umweltthemen im öffentlichen Diskurs zu stärken und uns bei Veranstaltungen mit Umweltaktivist*innen zu vernetzen und so Klimaschutz mit Friedensarbeit zu verbinden.

Ein weiterer aktueller Schwerpunkt liegt in der Verbindung von Gewaltfreiheit und interreligiösem Dialog. Mit Dialog wollen wir einer seit Jahren in Österreich innenpolitisch angeheizten Stimmung gegen Minderheiten, vor allem gegen muslimische Bürger*innen, entgegenwirken. Die Verwendung des undefinierten Schlagworts ‚Politischer Islam‘ als politischer Kampfbegriff gipfelte 2020 in dem von der Bundesregierung eingerichteten ‚Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam)‘. Wir sind davon überzeugt, dass diese Art von Politik, die bestimmte Minderheiten unter Generalverdacht stellt, integrative Zielsetzungen und ein friedliches Zusammenleben erschwert. Wir versuchen deswegen, mit Stellungnahmen und Veranstaltungen einen Weg des Dialogs statt der Ausgrenzung zu fördern.

Gemeinsam mit der Internationalen Fokolarbewegung haben wir daher im Rahmen der Catholic Nonviolence Days of Action im September 2020 im Montafon (Vorarlberg) einen Studienteil zum Thema ‚Islam und Gewaltfreiheit‘ organisiert (übrigens eine der wenigen Präsenzveranstaltungen des letzten Jahres). Im Mittelpunkt stand dabei ein erkenntnisreicher Vortrag von Adnane Mokrani, einem muslimischen Theologen des Pontifical Institute for Arabic and Islamic Studies in Rom, in dem er Wege der Gewaltfreiheit in muslimischen Regionen sowie im Koran skizzierte.

Und schließlich bedeutet für uns der Einsatz für eine gerechtere Welt aus dem Glauben heraus natürlich auch, sich für ausgestoßene und geflohene Menschen einzusetzen. Das humanitäre Engagement zeigt sich derzeit in der regelmäßigen Teilnahme einiger unserer Mitglieder an den Solidaritätscamps für Moria, die an vielen Orten in Österreich immer an den Wochenenden stattfinden und mit der Forderung verbunden sind, geflüchtete Menschen bei uns menschenwürdig aufzunehmen.

pax christi Österreich steht angesichts der globalen und österreichweiten Entwicklungen vor großen Herausforderungen. Der einzig machbare Weg in die (und in der) Zukunft und gegen Ungerechtigkeit liegt für uns in der aktiven Gewaltfreiheit und im Dialog. Wenn wir es schaffen, wie von Papst Franziskus in der Enzyklika Fratelli Tutti beschrieben, im Dialog mit den anderen Berührungspunkte zu suchen und uns gemeinsam auf den Weg zu machen, können Kreisläufe der Gewalt abgebaut und ein gewaltfreies Miteinander ermöglicht werden. Darin besteht für uns die Motivation, unser Engagement auch in Zukunft fortzuführen.

Daniel Holzapfel ist Generalsekretär von pax christi Österreich.

Werde Mitglied

Werde Mitglied

Mach mit bei pax christi und unterstütze die vielfältigen Aktivitäten der Friedensbewegung!

Spende

Spende

Deine Spende hilft uns, an vielen verschiedenen Stellen für den Frieden aktiv zu sein.

Abonniere unseren Newsletter

Abonniere unseren Newsletter

Folge uns auf Social Media

Folge uns auf Social Media

Um über unsere Aktivitäten und Veranstaltungen informiert zu bleiben, folge uns auf