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Die Letzte Generation

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Autobahn-Blockaden in Frankfurt

Aufstand gegen fossile Infrastruktur in Deutschland

Den Ball kurz vor dem Abgrund noch festhalten – Die Letzte Generation

Der Letzte Generation, eine Gruppe von Klimaaktivist*innen, die 2021 während des Bundestagswahlkampfs mit einem Hungerstreik am Kanzleramt an die Öffentlichkeit trat, adressiert wie keine andere klimapolitische Bewegung die Dringlichkeit einer radikalen Senkung der Treibhausgasemissionen um 70 bis 80% bis 2025. Nur so lasse sich das Erreichen von unwiderruflichen Kipppunkten vermeiden, lässt das Presseteam vom Aufstand der letzten Generation verlauten. Deutschland habe sein Kohlenstoffbudget aufgebraucht. Falls es misslinge, die Ökonomie schnell auf dieses klimapolitische Erfordernis umzustellen, würden weite Teile der Erdoberfläche, die derzeit drei Milliarden Menschen eine Heimat bieten, aufgrund der Aufheizung der globalen Oberflächentemperatur unbewohnbar, warnen sie. Obwohl die Klimaschützer*innen damit nur weitergeben, was im aktuellen IPCC-Bericht nachzulesen ist, konnten Lea Bonasera und Henning Jeschke von der Letzten Generatoion in einem Gespräch mit dem damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz diesen nicht zu dem Eingeständnis bewegen, dass wir uns in Deutschland wie auch global aufgrund dieser Zusammenhänge in einem äußerst gefährlichen klimapolitischen Notstand befinden. Diese Bewegung, die von jungen, von der Fridays for Future Bewegung herkommenden Klimaschützer*innen initiiert wurde, setzt im politischen Diskurs darauf, auf der Basis fundierter Information auch Emotionen im politischen Diskurs zu zeigen und so deutlich zu machen, dass es bei der Klimafrage letztlich nicht nur um Klima- und Naturschutz geht, sondern um Fragen des Überlebens von Milliarden von Menschen.

Würde die Bundesregierung diesen Klima-Notfall wirklich anerkennen, könnte bzw. müsste sie zielsicher innerhalb von zwei bis drei Jahren alle Politikfelder so ausrichten, dass sie dem einen Ziel zuarbeiten, die Emissionen schnell zu senken, um dauerhaften Schaden von der Bevölkerung Deutschlands und der Weltgemeinschaft abzuhalten. Der AdlG fordert dabei ausdrücklich, den energiepolitischen Umbau mit einem klaren sozialpolitischen Kurs zu verbinden, um sicherzustellen, dass alle Bevölkerungsgruppen ihre Grundbedürfnisse decken können und vor den Gefahren durch die immer häufiger auftretenden Wetterextreme bestmöglich geschützt werden. Dass die Bewegung mit einem Hungerstreik startete und als zweites die Kampagne für ein Lebensmittelgesetz verfolgt, das u.a. Supermärkte verpflichtet, überschüssige Lebensmittel an Bedürftige abzugeben, anstatt sie wegzuwerfen, entspricht daher der Programmatik der Bewegung. Ihre Methode, die Aufmerksamkeit der Medien und der Bevölkerung für diese Kampagne zu erringen, besteht bislang in gewaltfreien Blockaden von Autobahnen und Flughäfen und dem Plakatieren an dafür nicht freigegebenen Flächen. So wollen sie eine Störung erzeugen, die so massiv ist, dass die Gesellschaft nicht einfach wieder zur Normalität übergehen kann. Menschen, die sich interessieren oder anschließen wollen, können sich durch Vorträge und die Teilnahme am Aktionstraining informieren und schulen lassen.

Der Letzte Generation versucht, nach dem Vorbild der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (z.B. Freedom Riders von 1961 und Children’s March von 1963) durch gewaltfreien zivilen Widerstand Menschen für ihre Ziele zu gewinnen. Die Aktivist*innen setzen darauf, dass ihr mutiger Widerstand und ihre Bereitschaft, Aggressionen und physische Gewalt etwa von Verkehrsteilnehmer*innen zu ertragen und gegebenenfalls eine Ingewahrsamnahme oder Haft, Menschen berührt und dass sie diese so nicht nur für ihre Ziele und Maßnahmen gewinnen, sondern auch zur aktiven Teilnahme an ihrem Kampf motivieren können. So hofft die Letzte Generation eine Massenbewegung des zivilen Widerstands auszulösen, die die Kraft entfaltet, unsere Gesellschaft dahin zu bringen, die Verwendung fossiler Brennstoffe sofort zu beenden, nur noch erneuerbare Energien einzusetzen und den Ressourcenumsatz um 80 Prozent zu reduzieren, die Flächenversieglung zu stoppen und eine Landwirtschafts- und Energiewende bis 2030 zu realisieren. So wie sich eine Gesellschaft in Pandemie- oder Kriegszeiten ganz auf das Erreichen eines Ziels fokussieren kann, so kann das auch jetzt in Bezug auf den Klima-Notstand geschehen, wenn die Bürger*innen genau das von der Regierung entschieden fordern und ihre Zusammenarbeit dann aufkündigen, wenn das Regierungshandeln diesem fundamentalen Ziel entgegensteht.

Mit ihrer Opferbereitschaft greifen die Aktivist*innen der Letzten Generation Erfahrungen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung auf, die wie Martin Luther King es formulierte, darauf setzte „dass unverdientes Leiden erlöst. Im Leiden liegt eine gewaltige erzieherische und umwandelnde Kraft“, so der baptistische Pfarrer Martin Luther King. Auf diese Kraft hoffen die Aktivist*innen der Letzten Generation bei ihrem zunächst unrealistisch wirkendem Vorhaben, in kurzer Zeit einen dramatischen Umschwung in der öffentlichen Meinung bewirken zu können. Sie sind der Meinung, dass sich ein Großteil unsere Gesellschaft in Verdrängung, Ablenkung und falsche Illusionen flüchtet. Da sie selbst die auf uns zukommenden Katastrophen nicht ausblenden, empfinden sie vielleicht mehr als andere Ängste, Depressionen, Verzweiflung oder Wut. Durch eine Kultur der gegenseitigen Fürsorge und Selbstfürsorge, durch bewusst gelebte Liebe und Opferbereitschaft, deren Grenzen die Beteiligten je selbst setzen, bemüht sich diese Gemeinschaft, ihre bedrückenden Gefühle in energisches, entschlossenes und liebevolles Handeln zu kanalisieren und so in Liebe und Mut zu wandeln – jene Kräfte, die für einen konstruktiven Wandel von Nöten sind. Dabei rechnen sie keineswegs damit, unmittelbar auf viel Zustimmung zustoßen. Im Gegenteil: Die Erfahrungen aus den Kampagnen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen lassen vermuten, dass sie zunächst neben partieller Zustimmung auf weit mehr heftige Ablehnung stoßen werden und dass ihnen erst, wenn ihre Kampagnen nach und nach das notwendige Eskalationsniveau und damit eine kritische Masse erreicht haben – und wenn die Regierung möglicherweise durch die Art ihrer Reaktion eine moralische Niederlage erleidet – Erfolg beschieden sein wird.

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